Verhütung und Thrombose
© 2017 – Dr. Gerhard Endl
Thrombosen und kombinierte hormonale Verhütungsmittel (Pille, Vaginalring, Pflaster)
Die meisten gesunden Frauen können kombinierte (östrogen- und gestagenhältige) hormonale Verhütungsmittel anwenden. Allerdings sollten Frauen in bestimmten Fällen aus gesundheitlichen Gründen diese Präparate nicht verwenden. Alle kombinierten hormonalen Kontrazeptiva (= Verhütungsmittel) erhöhen das Risiko für die Bildung eines Blutgerinnsels (= Thrombose). Für die meisten Frauen bringen diese Kontrazeptiva Vorteile, die das kleine Risiko für ernste Nebenwirkungen bei weitem überwiegen (neben der Verhütungssicherheit z.B. Zykluskontrolle, Menstruationsbeschwerden, Akne, Endometrioseschmerzen, Risikoreduzierung für Eierstockkrebs/Ovarialkarzinome). Ihr Risiko für ein Blutgerinnsel ist im ersten Jahr der Pilleneinnahme am höchsten. Dies gilt auch bei Neubeginn nach Pillenpausen von über 4 Wochen. Das Risiko sinkt nach dem ersten Einnahmejahr, bleibt aber gegenüber Frauen, die keine hormonalen Verhütungsmittel anwenden, konstant erhöht. Erst einige Monate nach dem Einnahmeende geht das Risiko auf normale Werte zurück.
Was ist eine Thrombose?
Thrombose ist der medizinische Ausdruck für die Bildung eines Blutgerinnsels (=Thrombus) in einem Blutgefäß (Vene oder Arterie), das dadurch verstopft wird. Die Thrombose bildet sich meist zuerst im Bein (Beinvenenthrombose). In sehr seltenen Fällen wandert das Blutgerinnsel in die Lunge und kann dort durch Verstopfen eines Gefäßes zu einer Lungenembolie führen. Gelangt der Thrombus in das Gehirn, kann es zu einem Schlaganfall kommen, gelangt er ins Herz, kann dies zu einem Herzinfarkt führen.
Besonders Thrombose-gefährliche Situationen sind:
- Lange Reisen mit Flugzeug, Auto oder Zug, wo Sie sich wenig bewegen und wenig Flüssigkeit aufnehmen
- Längerdauernde körperliche Anstrengungen in großer Höhe
- Starker Flüssigkeitsverlust, beispielsweise bei Durchfall und oder Erbrechen
- Unbeweglichkeit z.B. durch einen Gips, nach einer Verletzung oder eine Operation, Bettruhe
Venöse und arterielle Thrombosen/Thromboembolien sind eine seltene Nebenwirkung von allen kombinierten hormonalen Verhütungsmethoden (Kombinationspille, Vaginalring oder Pflaster). Das Grundrisiko für eine Gerinnselbildung unter kombinierten hormonalen Verhütungsmitteln ist gering. Blutgerinnsel können aber ernste und in sehr seltenen Fällen sogar tödliche Folgen auslösen.
An den nachfolgenden Symptomen kann man diese Erkrankungen erkennen:
- Beinvenenthrombose: Starke Schmerzen und Anschwellen eines Beins mit Änderung der Hautfarbe (blass, rot, blau)
- Lungenembolie: Plötzliche Atemnot, Atemlosigkeit, Brustschmerz mit Husten und eventuell Blutspucken
- Herzinfarkt: Plötzlicher Brustschmerz mit Druckgefühl, Ausstrahlung in Hals und Arm, Schwitzen und Erstickungsgefühl, Übelkeit
- Schlaganfall: Meist einseitig betonte Schwäche oder Taubheitsgefühl, Lähmung (Gesicht, Arm, Bein), Sprach- und Sehstörung, eventuell Verwirrtheit
Das statistische Risiko für eine Blutgerinnselbildung (Thrombose):
- Von 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Kombinationspille einnehmen, erleiden pro Jahr 0,5 bis 2 Frauen eine venöse Thrombose/Thromboembolie.
- Von 10.000 Frauen, die eine Kombinationspille einnehmen, erleiden pro Jahr je nach Art des Gestagenanteils der Pille 1,5 bis 12 Frauen eine venöse Thrombose/Thromboembolie.
- Von 10.000 schwangeren Frauen oder Wöchnerinnen erleiden pro Jahr 6 bis 10 Frauen eine venöse Thrombose/Thromboembolie.
Blutuntersuchungen können ein mögliches erhöhtes genetisch bedingtes Risiko bei Ihnen erkennen. Auch bei diesbezüglich negativem Bluttest bleibt ein Restrisiko für das Auftreten einer Thrombose unter der Verwendung hormonaler Kontrazeptiva bestehen.
Allgemeine Faktoren für ein erhöhtes Risiko einer Thrombose oder Lungenembolie:
- Alter über 35 Jahre
- Rauchen
- Übergewicht (BMI >30)
- Erhöhte Blutfette
- Bewegungsarmut, z.B. Knochenbrüche, Gips, wenig Bewegung, (Langstrecken)- Flüge (über 4 Stunden Flugdauer)
- Diabetes
- Manche Erkrankungen, z.B. angeborene Störungen in der Blutgerinnung, Colitisulcerosa, Morbus Crohn, Nierenerkrankungen, Krebserkrankungen
- Bestimmte Herz- und Gefäßerkrankungen, z.B. Bluthochdruck (über 140/90) Herzrhythmusstörungen, Herzklappenerkrankungen
- Familiäre (genetische) Disposition (z.B. Thromboseerkrankung bei nahen Verwandten vor dem 50. Lebensjahr, APC-Resistance/Faktor V Mutation Leiden – Gerinnungsstörungen)
- Bestimmte Migräneformen
- Verschiedene Hormontherapien
- Schwangerschaft und Wochenbett
- Manche Medikamente, z.B. Antidepressiva, Neuroleptika, Antipsychotika, Cortison, Diuretika, Chemotherapie
Wenn mehrere der oben genannten Faktoren zusammentreffen, erhöht sich naturgemäß auch das individuelle Risiko für thromboembolische Ereignisse.